KI ist ein Kinderspiel

Carsten Sandtner
Data & Smart Services
3 min readAug 20, 2021

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Vor kurzem war ich endlich mal wieder mit der Familie Essen. Wie in den meisten Fällen, fingen die Kinder irgendwann an sich zu langweilen und mit den Mobiltelefonen zu spielen. Diesmal nicht Brawl Stars oder andere Spiele — nein, sie experimentierten mit Snapchat und dessen Filtern. Dazu muss man sagen: Ich habe Snapchat nie eine Chance gegeben, fühlte mich rasch zu alt, und nicht hip genug für diese App. An diesem Abend wurden plötzlich alle Anwesenden zu Babys, Pixar-Charakteren oder einer Kartoffel mit Augen und Mund. In Echtzeit.

Die Experimentierfreude der Kinder weckte in mir jedoch einen anderen Gedanken: Die Filter erkennen Gesichter von Menschen, egal welchen alters, ob mit oder ohne Bart und in jeglicher Umgebung. In den Anfangstagen solcher Apps waren die Algorithmen immer wieder etwas eigensinnig. Scheinbar wurde hier massiv mit Training nachgelegt.

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Meine Erkenntnis war, dass die Kinder das, was der Volksmund im allgemeinen KI nennt, einfach nutzen. Kein Hinterfragen, wie das geht, oder ob das überhaupt geht. Geschweige denn ob das jetzt gut oder schlecht sein kann.

Ein paar Tage achtete ich bei mir Konsequent darauf, welche Dienste mir über den Weg laufen, die durch maschinelles Lernen bereits Funktionen bieten, die wir mittlerweile als selbstverständlich ansehen.

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Das sind Dienste wie die automatische Transkription von Videos bei Microsoft Streams oder auch automatisch erzeugte Untertitel in YouTube Videos. Ganz zu schweigen von den Recommender-Systemen in Onlineshops, Streaming-Diensten und nahezu jedem sozialen Netzwerk. In Zeiten von Corona haben wir eine beispiellose Dokumentation aller Zahlen erfahren. Jede Zeitung, Webseite oder Fernsehsendung bietet akribisch aufbereitete Zahlen zu 7-Tage-Inzidenzen, Infektionen und Impfungen an. Sammeln, Analysen, Auswertungen und gute Visualisierungen von Daten ist selbstverständlich geworden.

Das, was wir KI nennen, ist in vielen Themen unseres Lebens bereits eingezogen, ohne das wir es bemerkten. Während wir uns noch viele Gedanken darüber machen, lebt die nächste Generation einfach damit und weiß es zu schätzen.

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Anfang der 90er muss es sich für meine Eltern ähnlich angefühlt haben, als der Computer ins Privat- und Berufsleben einzog. Mein Vater hat komplexe Maschinenfabriken mit Stift, Taschenrechner und Tabellen auf Papier geplant. Das höchste der Gefühle waren elektrische Schreibmaschinen, CAD-Software gab es noch nicht.

Mit Computern und entsprechenden Programmen ist das um ein Vielfaches effizienter, das wissen wir heute. Damals war es etwas Revolutionäres und wurde anfangs sehr kritisch betrachtet. Letztlich hat es sich durchgesetzt und ist nicht mehr wegzudenken.

Seitdem ich selbst Kinder habe, frage ich mich, welche Technologien auf mich eine ähnliche Wirkung haben werden, wie es Computer für die Generation meiner Eltern hatten. Nach einigem Überlegen scheint es tatsächlich alles rund um Daten, maschinellem Lernen und KI zu sein. Für meine Kinder ist das alles in der Anwendung selbstverständlich und wird weniger argwöhnisch beäugt, als von uns. Wie damals „diese Computer“.

In vielen Lebenslagen existieren heute etliche Unterstützungen in Form von maschinellem Lernen und der Analyse von sehr großen Datenmengen. Das wird nicht weniger werden und es werden immer mehr Anwendungsfälle entstehen, die für eine jüngere Generation selbstverständlich sein wird. Die Entwicklung ist schleichend und man vergisst schnell, wie es ohne diesen Fortschritt war — mit allen Vor- und Nachteilen.

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Carsten Sandtner
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Tech, Travel, and Life. Apple addict who loves travelling with his camper van and writing about mentioned topics.